RH:
In vielen Städten des Bundesgebietes fehlen Wohnungen. Wie kann man diesen Mangel verbessern oder beseitigen ?
HJT:
Das Thema Sozialwohnungen wurde jahrelang von den Ländern vernachlässigt. Ältere Sozialwohnungen wurden an Aufteiler verkauft und die Mieter nach Renovierung dann mit höheren Mieten konfrontiert. Diese Entscheidungen der öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften rächen sich jetzt. Private Kapitalanleger sind nicht mehr bereit, sich im Wohnungsbau zu engagieren. Es fehlen hier steuerliche Vergünstigungen, die es früher in der degressiven AfA von 40%, verteilt auf 8 Jahre, gab. Darüber hinaus stiegen exorbitant die Quadratmeter-Erstellungspreise pro Wohnung, nicht aber im gleichen Maße die Mieten. Das heißt für den Käufer einer ETW: Die Rendite bleibt unterhalb von 2%. Neubauwohnungen werden nur noch erstellt durch Eigennutzer oder deren Kinder. Wir erleben sogar, dass in den pulsierenden Städten wie etwa Hamburg und München Neubauwohnungen leer stehen, da sich die Eigentümer mit einem Wertzuwachs von über 7% p.a. zufrieden geben.
RH:
Aber die Bauzinsen sind schon unter 1 % zu bekommen, bei 15 jähriger Zinsbindung. Da müssten doch Investoren bei den Bauunternehmungen Schlange stehen, Herr Theissen. Sie haben doch wie Ihr Vater viel für sich selbst gebaut, warum haben Sie sich in diesem Bereich, im freifinanzierten Wohnungsbau, so zurückgezogen ?
HJT:
Das Grundproblem ist das Grundstücksangebot. Wenn Sie ein Grundstück kaufen wollen, evtl. auch mit Altbestand, haben die Verkäufer utopische Preisvorstellungen. Das ist dann von der Wirtschaftlichkeit nicht mehr darzustellen.
Ein weiteres Problem baut sich auf: Als erstes Bundesland legte Berlin den sog. „Mietendeckel“ vor. Verfassungsbeschwerden wurden von großen Anwaltskanzleien beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Viele Eigentümer reagieren darauf in der Weise, dass sie ihre Wohnungen dem Mietmarkt gar nicht mehr zur Verfügung stellen und die Immobilie bisweilen sogar verkommen lassen. Damit haben die Politiker genau das Gegenteil von dem erreicht, was eigentlich gewollt war, nämlich die Wohnungen durch gesetzliche Regulierungen, dem Markt billiger zur Verfügung zu stellen. Erschwerend kommt hinzu, dass der Gesetzgeber etliche mieterfreundliche Gesetze erließ und dem Mieter so weitgehende Rechte eingeräumt hat.
Ich könnte Ihnen von interessanten Prozessen mit Mietern erzählen, aber das lassen wir mal, sonst würde es den Umfang dieses Interviews sprengen.
RH:
Ein Blick in die Zukunft: Wo stehen Sie mit der DR. THEISSEN GROUP in einem Jahr am 1.März 2022 ? Wie wollen Sie sich für die kommenden vorliegenden Monate bis zum vorgenannten Termin aufstellen ?
HJT:
Erst einmal hoffen wir, dass die Politik wieder die Wirtschaftstüren öffnet, denn noch immer können wir unsere Ferienwohnungen/Ferienhäuser auf Sylt bzw. Garmisch-Partenkirchen nicht dem Urlaubsgast zur Verfügung stellen. Ferner wartet unser Hanse Büro Center in Muenster auf den Ankermieter, da die BASF nach fünf Jahren in ihre fertiggestellten neuen Büros zurückzieht.
Vielleicht ergibt sich ein Grundstückskauf im Rahmen der Projektentwicklung im bayrischen Fünf- Seen-Land.
“Schau’n wir mal !”, wie man auf bayrisch sagt.
RH:
Herr Theissen, herzlichen Dank für das informative Gesprächs-Interview! Es macht immer wieder Spaß, Ihnen zuzuhören.
Bleiben Sie gesund !