Ein Kommentar von Tobias Hennecke
Im Rahmen der Neunten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenerordnung mussten am 1. Dezember alle bayerischen Golfanlagen ihre Pforten schließen. Das Unverständnis bei den meisten Golfern hielt sich zuerst in Grenzen. Man zeigte großes Verständnis mit den Maßnahmen der Regierung, dass für eine Senkung der Infektionszahlen möglichst viele Kontakte reduziert werden müssen – und somit auch die Kontakte im Clubhaus, auf der Driving Range und auch auf dem Golfplatz. Zwar waren Begegnungen mit einem fremden Haushalt privat weiter möglich – auf dem Golfplatz und auch auf anderen Sportstätten allerdings strengstens untersagt.
Eine bayerische Golfanlage, die nicht genannt werden will, bat allerdings Mitte Dezember um tatkräftige Unterstützung vom Bayerischen Golfverband und reichte einen Normenkontrollantrag beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein. Hiermit sollte eine sofortige Außerkraftsetzung der elften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung und damit der Betrieb und die Nutzung sämtlicher Sportstätten, die der Ausübung von Individualsportarten an der frischen Luft dienen erreicht werden. Gescheitert.
Der BayVGH lehnte im Januar den Antrag ab und es waren keine weiteren Rechtsmittel gegeben, um gegen die Entscheidung vorzugehen. Der VGH äußerte sich allerdings, in seiner im Wesentlichen aus Textbausteinen gefertigten Begründung, mit keinem Wort dazu, dass durch elektronische Buchungen eine strikte Begrenzung und auch Verfolgung der Kontakte möglich sei, noch dazu, dass selbst das Robert-Koch-Institiut (RKI) in seinem epidemiologischen Steckbrief darauf hinweist, dass eine Ansteckung an der frischen Luft sehr unwahrscheinlich sei. Der gerügten Ungleichbehandlung hinsichtlich dem Vergleich zu anderen Bundesländern wurde ebenfalls keine Aufmerksamkeit geschenkt.
Anstatt dessen wurde sich auf die mediale Berichterstattung über die neuen Virusmutationen aus Großbritannien und Südafrika gestürzt. Hier sei ein weit höheres Infektionsrisiko gegeben und ein diffuses Infektionsgeschehen ermögliche keinen großen Beurteilungsspielraum. Somit wurde der Lockdown inzwischen mehrmals verlängert (Stand heute: 14. Februar 2021) und ohne große Konzepte auf einen Rückgang der Infektionszahlen gehofft.
Nachdem in großen Teilen des Freistaats der Winter Einzug hielt, war dort Golf an der frischen Luft kein priorisiertes Thema mehr. Hier pochte man eher darauf, dass man doch zumindest Wintersport ausüben möchte. Die Sperrung der Skigebiete sorgte ebenfalls für zahlreiche Diskussionen und Vorwürfe gegenüber der Staatsregierung. Der Mensch ist jedoch flexibel und sucht stets nach Lösungen für sein eigenes Problem. Für viele Alpin-Fans war also Langlauf die Lösung. Also los – rein in ebay-Kleinanzeigen und das erste Mal im Leben hieß es: Langlaufen. Doch wo, wenn es keine Loipe gab? Denn eine gespurte Loipe war als Sportstätte anzusehen, wo aber keine Loipe, da auch keine Sportstätte. Also ab auf die beschneiten Fairways der zahlreichen Golfanlagen. Das sei erlaubt, da dies nicht als Betrieb der Sportstätte zu erklären ist.
In einer Rückantwort des Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege hieß es: „Nicht das Golfspiel an sich wird als treibender Faktor angesehen und kann (…), auch positive gesundheitliche Effekte haben. Ausschlaggebend ist hingegen die Tatsache, dass es Menschen dazu anregt, sich zu treffen, sich davor oder danach – und sei es nur am Parkplatz – zu unterhalten und in Kontakt miteinander zu treten.“
Hier stellen wir uns die Frage, ob diese Unverhältnismäßigkeit in den Verordnungen der Regierung tragbar ist?
Golfspielen, also die Ausübung der Individualsportart, auf einem Golfplatz kann derzeit nicht erlaubt werden, weil die Gefahr zu groß ist, dass sich die Menschen – vor oder nach der Runde – auf dem Parkplatz unterhalten könnten. Langlaufen auf ein und derselben Golfanlage ist allerdings erlaubt – auch wenn ich ebenfalls mit dem PKW anreise. Hier lassen wir gerne Platz für Diskussionsspielraum.