Streit um Zinsen: Rentner siegt gegen Sparkasse

Hat die Stadtsparkasse München (SSKM) die Zinsen von Prämiensparverträgen korrekt berechnet? Zumindest in einem Fall hat das Landgericht München I. nun geurteilt: Nein. Die Bank muss für zwei inzwischen gekündigte Verträge gut 8000 Euro nachzahlen.

Für das Alter sparen: Das war einst sein Ziel gewesen. „Deshalb wurde ich Kunde bei der Stadtsparkasse“, sagt Dieter N. (77). Vor rund 25 Jahren hat der ehemalige Trambahnfahrer zwei Prämiensparverträge abgeschlossen. „40 Jahre lang sparte er fleißig. „Meine Frau und ich kommen heute gut klar“, sagt der Rentner. Doch Ende 2019 begann die Stadtsparkasse ihre nicht mehr rentablen Prämiensparverträge abzustoßen. Das war zwar rechtens, wie der Bundesgerichtshof inzwischen geurteilt hat, aber viele vor allem älteren Kunden ärgerten sich. „Plötzlich sollte ich viel weniger Zinsen erhalten als geplant“, sagt Dieter N.

Die Münchner Anwältin Sarah Mahler übernahm den Fall. Sie klagte gegen eine im Sparvertrag enthaltene Zinsklausel – mit Erfolg. „Erstmals hat das Landgericht München I einer Klage auf Zinsnachberechnung aufgrund einer unwirksamen Zinsänderungsklausel in den Prämiensparverträgen in vollem Umfang stattgeben“, berichtet sie. Das Gericht folgte einem Gutachter, der auch mit Verbraucherzentralen zusammenarbeitet und N. einen Anspruch von knapp über 8000 Euro attestierte. „Das hat uns natürlich sehr gefreut“, sagt Dieter N. „Besonders wichtig“ ist laut seiner Anwältin, „dass die Richterin nicht von der teilweisen Verjährung der Ansprüche ausgegangen ist, sondern der Kläger Zinsen für die komplette Laufzeit der Prämiensparverträge seit 1997 erhalten hat.“ Und weiter: „Da die Stadtsparkasse zehntausenden Kunden Ende 2019 die langlaufenden Prämiensparverträge gekündigt hat, können nach dieser Rechtsprechung noch bis Ende 2022 Zinsen nachgefordert werden.“

Die Entscheidung des Landgerichts könnte laut der Anwältin noch weitreichende Folgen haben, wenn sich auch andere Kunden darauf beziehen. „Durch dieses Urteil wird der Druck auf die Stadtsparkasse erhöht, eine kundenfreundliche (Gesamt-) Lösung für die Zinsproblematik bei den Prämiensparverträgen zu finden.“

„Sascha Straub von der Verbraucherzentrale Bayern warnt davor, das Urteil überzubewerten. „Die Stadtsparkasse wird sicher Rechtsmittel einlegen.“ Das lässt auch eine Stellungnahme der SSKM erwarten. Das Urteil des Landgerichts sei „rechtlich nicht haltbar“, heißt es darin.

Doch die Einschätzung des Gerichts macht vielen Betroffenen Hoffnung. Derzeit laufen bundesweit diverse Verfahren in vergleichbaren Fällen. Auch der SSKM droht neben der Klage von Dieter N. weiteres Ungemach: Aktuell organisiert die Verbraucherzentrale Bundesverband eine Musterfeststellungsklage (zu finden online auf www. bundesjustizamt.de), der sich schon 2000 Menschen angeschlossen haben. Sascha Straub rät betroffenen Kunden dringend, es ihnen gleichzutun. Die Krux: Spätestens, wenn die Verträge gekündigt werden, beginnt die Uhr für die Verjährung zu ticken. „Und mit der Teilnahme an der Musterfeststellungsklage zögern Sie die Verjährung hinaus“, so Straub. Doch auch Kunden, denen noch nicht gekündigt wurde, sollten ihre Verträge prüfen: „Die Bankenaufsicht hat den Sparkassen zwar auferlegt, ihre Kunden über unwirksame Zinsklauseln zu informieren, aber ich würde mich nicht darauf verlassen, dass das rechtzeitig vor der Verjährung passiert“, so Straub. 

Quellenangabe: Garmisch-Partenkirchner Tagblatt vom 06.08.2021, Seite 15